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Verband schlägt Alarm wegen Solvenz der Lebensversicherer

Sind Deutschlands Versicherer tatsächlich so krisenfest wie behauptet? Diese Frage stellen sich Kunden und Berater gleichermaßen. Eine aktuelle Analyse des Bundes der Versicherten (BdV) kommt zu dem Schluss: Für rund ein Viertel der Anbieter sieht es finster aus.

Rund ein Viertel der deutschen Lebensversicherer steckt in großen Schwierigkeiten. Grund: Die betreffenden Anbieter haben entweder eine Solvenzquote von unter 100 Prozent, wenn man Übergangsmaßnahmen nicht berücksichtigt, oder sie haben negative Gewinnerwartungen beziehungsweise sogar zusätzlich eine Solvenzquote von weniger als 100 Prozent. Zur Erläuterung; Eine Solvenzquote kleiner als 100 Prozent heißt, dass die Gesellschaft die finanziellen Verpflichtungen aus bestehenden Verträgen mutmaßlich nicht erfüllen kann.

Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der aktuellen Solvenzberichte von 84 Lebensversicherer durch den Bund der Versicherten (BdV) und den Analysten Carsten Zielke (Zielke Research Consult). "Unterm Strich gibt es kein Unternehmen, bei dem in allen Prüfpunkten Entwarnung gegeben werden kann", fasst BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein die Untersuchung zusammen.

Dagegen kommt Professor Hermann Weinmann von der Hochschule Ludwigshafen am Rhein in seiner Analyse der Ertragskraft deutscher Lebensversicherer zu dem konträren Ergebnis, dass sich die betriebswirtschaftliche Lage der Gesellschaften zuletzt verbessert habe. Der Grund für die unterschiedlichen Resultate sind die verschiedenen Kriterien und Betrachtungswinkel der beiden Studien. Vor allem gelten die Solvzenzquoten nicht als gemeingültiger Maßstab für die Finanzstärke eines Versicherer (FONDS professionell ONLINE berichtete). Dennoch sollte man die BdV-Ergebnisse nicht als Panikmache abtun.

Erneut Kritik an Run-off-Plattformen

In der Pressemitteilung führen die Versichertenvertreter weiter aus, dass sich die Solvenzquoten stark darin unterscheiden, ob sogenannte Übergangsmaßnahmen angesetzt werden oder nur die reine Solvenz betrachtet wird. "Zwölf Unternehmen hätten ohne Übergangsmaßnahmen keine ausreichende Solvenz", erklärt Zielke.

Auffällig sei, dass besonders solche Anbieter geringe Solvenzquoten aufweisen, die sich in Abwicklung befinden, also im Run-Off. "Offensichtlich sind die Managerinnen und Manager der Run-Off-Unternehmen in Sachen Solvenz sehr risikofreudig", erklärt Kleinlein, der mit Kritik an diesen Plattformen ohnhin nicht hinterm Berg hält und kürzlich zusammen mit dem AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen ein Eckpunktepapier zur Behandlung betroffener Versicherter vorstellte.

Auch sei zu beobachten, dass branchenweit zwölf Unternehmen zukünftig keine Gewinne erwarten. "Wir sehen solche Unternehmen in ihrer Resilienz, den Schwierigkeiten der Märkte auf Dauer zu trotzen, gefährdet", analysiert Kleinlein. Bei den Gewinnerwartungen drifte der Markt zunehmend auseinander. Bei einer Mehrheit der Unternehmen zeigt sich, dass sich Verlust- oder überzogene Gewinnerwartungen verstärken. "Der Markt bewegt sich ungesund auseinander", kritisiert Kleinlein. Insgesamt seien es 21 Gesellschaften, die laut den Analysten Probleme mit der "reinen" Solvenz und/oder den Gewinnen haben (die Details der Analyse finden Sie hier).

Moody's auch skeptisch bezüglich Lebensversicherer

Aber nicht nur der BdV und Zielke hegen Zweifel an der Stabilität der Unternehmen. Die Ratingagentur Moody’s hat ihren Ausblick für die Branche auf negativ belassen, da die niedrigen Zinsen das Wachstum, die Erträge und die Kapitalisierung belasten. "Die Zinsen dürften länger als ursprünglich angenommen niedrig bleiben. Das beeinträchtigt sowohl das Wachstum als auch die Erträge und die Kapitalausstattung der Lebensversicherer", so Christian Badorff, Senior Analyst bei Moody's.

Der Lebensversicherungsmarkt teile sich zusehends in stärkere und finanziell schwächere Akteure auf. Angesichts des anspruchsvollen makroökonomischen und Wettbewerbsumfeldes geht Moody's von einer anhaltenden Konsolidierung aus, vor allem im für Neukunden geschlossenen Lebensgeschäft - also genau in dem Bereich, in dem die vom BdV kritisierten Run-off-Plattformen unterwegs sind.